Kreiser, 1. Studienreise

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auf Seiten 19-25:

Ehe Reissiger den Erfolg der Eingabe erfuhr, war er mit einer anderen Angelegenheit beschäftigt. Schon im Gesuche wird die Einstudierung der Oper Dido in Dresden erwähnt. Er hatte nämlich das Glück gehabt, daß auf C. M. v. Webers Empfehlung seine Oper in Dresden angenommen worden war. —– Es kam also wirklich einmal zu einer Aufführung einer Oper Reissigers. Wir erinnern uns. daß bisher (Wien, München) immer ein Mißgeschick die Aufführung verhinderte. Am 31. Januar 1824 ging Dido zum ersten Male in Dresden in Szene. —– Zur ersten und zweiten Aufführung war Reissiger selbst noch nicht in Dresden eingetroffen. Erst am 5. Februar langte er an und folgender interessante Brief an Stobwasser bringt Genaueres :
„Sehr wertgeschätzter Freund und Gönner! Gestern in der Mitternachtsstunde bin ich glücklich und gesund, trotz der fürchterlichen Stöße, in die mich der durch vorhergehenden Schmutz und durch darauffolgenden Schmutz erbärmlich gemachte Weg versetzt hat (schönes Deutsch!) hier angelangt und säume nicht, nachdem ich Sie alle herzlich begrüße, Ihnen folgende erhebliche Data aus meiner Lebensschaukel mitzuteilen. Was Ihnen auch vielleicht für Nachrichten über die erste Aufführung zu Ihren lieben Ohren gekommen sein mögen, so viel habe ich gewiß erfahren, daß die erste Aufführung, ob sie gleich schlecht war, doch gefallen hat und die Oper beifällig aufgenommen wurde. Vorgestern, am Mittwoch, ist sie weit besser gegangen, und sind die meisten Stücke applaudiert worden. C. M. v. Weber hat mir sehr viel Elogen gemacht, von dem ersten Akt hat ihm auch das Buch gefallen, der zweite, meinte er, schleppte sich, da sich’s ganz allein um die Dido drehe. Er sagte mir, sowie mehreren meiner Freunde, daß die Sandrini ihr Möglichstes geleistet und schön gespielt habe, Tibaldi aber gar keine
Stimme mehr habe, hingegen Zezi, der Basso (nicht Sassaroli) sehr gut gesungen habe. Auch dem König hat sie gefallen. Vorzüglich die zweite Aufführung, und wenn der Herzog von Koburg nicht hier wäre, der immer etwas anderes zu sehen wünscht, so hätte ich die Dido schon nächsten Mittwoch wieder gehört. Indes hat mir Weber (der sich Ihrem ganzen, lieben. Guten Hause bestens empfiehlt) versprochen, daß ich sie bald zu hören bekommen soll. – Auch das Publikum ist mit der Musik sehr zufrieden gewesen und hat nur andere Sänger gewünscht. Zezi soll die Baßarie sehr schön gesungen haben. Ich ging wirklich mit großer Bangigkeit hierher, allein ich hätte es nicht nötig gehabt, denn so leicht wird hier nicht ausgepocht. Heute will
ich nun den Sängern und Sängerinnen einen Besuch machen. Fürstenau ist sehr artig gegen mich und läuft überall mit mir herum. Nehmen Sie mit diesen wenigen Zeilen vorlieb und denken Sie meiner in Berlin. Teilen Sie diese beruhigenden Nachrichten allen mit, die teil an mir nehmen. Es kommt mir sehr närrisch an, so allein hier zu leben …. Gott erhalte Sie gesund und schenken Sie ferner Ihre Liebe ihrem dankbaren C. G. Reissiger. Dresden, 6. Februar 24.“
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Mochte es der junge Komponist auch bedauert haben, nur um seiner Oper willen. die ihn so auf sich warten ließ, die Reise nach Dresden unternommen zu haben, so hatte er trotz mancher Widerwärtigkeiten doch einen Vorteil mit seiner Oper errungen, die Gunst des Königs Friedrich August I., welcher ein großer Musikfreund war und besonders die italienische Oper bevorzugte. Reissiger selbst schreibt es in einem Briefe und auch bei R. Wagner (Ges. Schriften) ist zu 1esen: „Reissigers Dido abandonata gewann dem Komponisten die Gunst eines sächsischenMonarchen.“ Dieses Moment ist beachtlich. denn wenn Reissiger später (1826) Leiter der deutschen Oper in Dresden wurde, so hatte er, der ja deutscher Komponist war und mit Dido nur einen kleinen Abstecher gemacht hatte, gerade durch diese kleine Abschweifung die persönliche Gunst des Königs gewonnen, welche er dann für die Ausbreitung der deutschen Oper ausnutzen konnte.
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Unter dem 1. März 1824 wurde Reissiger der Bescheid, daß der König von Preußen ihm 500 Taler zu einer Kunstreise nach Paris und Italien unter der Bedingung zu bewilligen geruht habe, daß er sich bereit erkläre, seine Dienste nur dem preußischen Staate zu widmen.

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13. 2. 2014 von Christian