Kreiser, Reissiger und Wagner

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auf Seiten 86-87 :

Was die Anekdoten über Reissiger anlangt, die die Wagnerbiographie so besonders ausnützt, so können wir darüber hingehen. Denn das hatte Reissiger wohl selbst nicht gedacht, daß ihm harmlose Witzworte, zu denen er immer aufgelegt war – manchmal ging im Orchester die Rede um: der Kapellmeister hat wieder Anekdotendrücken – in gehässiger Weise ausgelegt werden würden. (Wegen einer noch zu besuchenden Geburtstagsfeier hätte Reissiger z. B. Das Tempo ind der „Stummen von Portici“ etwas schneller genommen.) Die Anekdote spinnt sich immer um bedeutende Personen, da die Menge zu gern etwas „Menschlichess – Allzumenschliches” von ihnen erhascht und dann vergrößert. Nach Wagners Flucht von Dresden sollen zwischen Reissiger und Wagner noch mehrere feundliche-Briefe gewechselt worden sein, die aber nicht zu erlangen waren. Reissiger war nach allem Gesagten kein. Antiwagnerianer‚weder persönlich noch künstlerisch. Nur der Undank, mit dem ihn Wagner und dessen nähere Freunde belohnten, ließ ihn dann gleichgültiger, wenn auch nicht zum ausgesprochenen Gegner werden. Das Schlimmste, was wir in dieser Beziehung von Reissiger gelesen haben, ist eine Stelle in einem Briefe an Böhme aus dem Jahre 1854, welche lautet: „Mich kümmert weder ihr Erfolg. noch ihre Niederlage“, womit die Wagner-Partei gemeint ist. Wagner, der sich auch mit anberen Künstlern überwarf (Schumann. F. Hiller, Semper, Lipinski, selbst zeitweilig Liszt und Bülow, war wie ein Hecht in einen Karpfenteich in ‚Dresden hineingeraten.
Als er wegging, traten wieder ruhigere Verhältnisse ein. Während Wagners Dresdner Zeit war die Oper keineswegs auf der Höhe, auf der sie Ende der dreißiger Jahre stand, geblieben. Der Spielplan war immerhin noch vielseitiger, als er z. B. heute gestaltet werden kann; aber die Zersplitterung in der obersten Leitung; und fortgesetzte Besetzungsschwierigkeiten, die durch einen fühlbaren Sängermangel an allem Theatern entstanden waren, machten sich denn auch in Dresden bemerkbar.
Als Wagners Nachfolger kam nach einem Interregnum, währenddessen Reissiger wieder die Gesamtleitung allein hatte, da auch Röckel abgegangen war, Krebs nach Dresden. Schumann, auch Lortzing hätten gern die Stellung eingenommen, woraus aber nichts geworden war.

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20. 2. 2014 von Christian