Kreiser, Der Komponist

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auf Seiten 105-107 :

Kapitel 7.

Reissiger als Lehrer und Schriftsteller

Ein kleines Kapitel müssen wir noch Reissiger, dem Lehrer und Schriftsteller, widmen. Wir wissen, daß er schon als Thomasschüler und Student in Leipzig durch Erteilen von Klavierunterricht (Henriette Kuntze-Voigt) sein Geld verdiente, daß er dann in Paris sogar bedeutendere Einnahmen verzeichnen konnte und endlich in Berlin 1826 ausschließlich Lehrer der Tonkunst am Zelterschen Institut wurde. Seine pädagogischen Erfahrungen, die er durch Studieren der hervorragendsten Lehrsysteme an den ersten Konservatorien der Welt gemacht hatte, machten ihn zu einer Autorität in Fachfragen, und so wurde ihm ja schon 1826 ein Ruf nach dem Haag zur Gründung und Leitung eines Konservatoriums angeboten. In Dresden, wo bisher noch kein größeres Institut bestand, ließ man sich 1856 den zwar durch andere Amtsgeschäfte überlasteten Reissiger doch nicht entgehen und versicherte sich bei der Gründung des Konservatoriums seiner obersten künstlerischen Leitung, die er bis zu seinem Ende innehatte.
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Reissiger hat sich immer für jüngere Talente interessiert und sie gefördert. Wir kennen bereits den Fall Wagner. Wenn wir von Reissiger als Lehrer der Komposition sprechen, so dürfen wir uns aber nicht denken, daß er elementare Kenntnisse vermittelte, sondern er war vielmehr als ein Meister angeschen‚ von dem man sich nur letzte Ratschläge holte. Ein schönes Verhältnis bestand in dieser Hinsicht zwischen Reissiger und Raff. Die Briefe zwischen dem Älteren und Jüngeren sind amüsant zu lesen. Raff schickte an Reissiger seine Werke zur Durchsicht.
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Dasselbe Interesse brachte Reissiger auch Clara Schumann, die theoretischen Unterricht bei ihm nahm, ferner Edmund Kretzschmer, dem Komponisten der „Folkunger“, dem bekannten Orgelkomponisten und Dresdner Hoforganisten Gustav Merkel entgegen, ebenso dem englischen Komponisten Henry Hugh Pearson (Komponist des Liedes: O Deutschland hoch in Ehren), sowie Prinz Heinrich IV. Von Reuß/Köstritz und dem bekannten regierenden, dabei Opern schreibenden Herzog Ernst II. Von Koburg. Letzterer verlebte mehrere Jugendjahre (1838-42) in Dresden und hat zu Reissiger ein sehr herzliches Verhältnis gepflegt.
Von den übrigen Schülern nennen wir noch den namentlich in Amerika sehr bekannt gewesenen Theodor Eisfeld (1816.82, Dirigent der Neuyorker Philharmonischen Gesellschaft), den Zwickauer Musikdirektor Gast, welcher, wie uns sein Sohn, Herr Pfarrer Gast inGroßzschocher, freundlichst mitteilte, „ein begeisteter Verehrer seines Lehrers Reissiger“ war und dies „den Seinen sehr oft versicherte“‚ ferner den berühmten ersten Sänger des Tristan Luchwig Schnorr v. Carolsfeld, und den Sohn Ludwigs Richters, Heinrich Richter. Auch redigierte Reissiger die Kompositionen der Prinzessin Amalie von Sachsen.
Reissiger war allenthalben als Autorität angesehen, und wer ein empfehlendes Zeugnis von Reissiger erlangen konnte, dem öffneten sich manche sonst schwer zu betretende Wege.

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20. 2. 2014 von Christian