Neumann (1854)

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Seit zwanzig Jahren wird unser Komponist unausgesetzt von Musikvereinen usw. als Preisrichter ernannt. Im Jahre 1836 bewarb er sich selbst um eine Preis bei dem Wiener Preisausschreiben für eine Sinfonie; er erhielt den gewünschten Preis nicht, obschon vielfach behauptet wurde, er habe denselben eher verdient, als einige der gekrönten Komponisten, von denen bekanntlich Franz Lachner den ersten, Dobrczynski den zweiten und Joseph Strauß den dritten Preis erhielt.

Seine Tätigkeit als Kapellmeister ist eine ganz außerordentliche. Reissiger ist unbedingt einer der besten Dirigenten, welche wir jetzt in Europa haben, und hat das auch hinreichend bei den vielen Musikfesten bewiesen, deren Leitung ihm anvertraut war. –

Reissigers Stil zeichnet sich durch eine ungemeine Leichtigkeit aus, dazu kommt ein unbegrenz-tes melodisches Talent, was ihn besonders zur Popularität gebracht hat. Seine Opern leiden zumeist an schlechten Texten, und mag dieser Umstand wohl hauptsächlich die Schuld tragen, daß sie sich weniger auf dem Repertoire gehalten haben als andere, die keine höheren musikalischen Wert haben. –

Reissigers Persönlichkeit kommt hinzu, um den wohltuenden Eindruck bedeutend zu steigern, den wir beim Anhören seiner Kompositionen empfinden. Ein unerschöpflicher, liebenswürdiger Humor beseelt ihn, der ihn zum angenehmsten Gesellschafter macht; noch jetzt singt er gern und gefällig mit seiner wertvollen Baßstimme das eine oder andere seiner Lieder im kleinen Kreise von Bekannten und Freunden. Sein Äußeres hat genug Imponierendes, sein freundliches Gesicht verrät die gute Laune, die in ihm wohnt.

Von den Erlebnissen auf seine Reisen in Deutschland, Frankreich und Italien, aus dem freundschaftlichen Umgange mit Salieri, Weigl, Gyrowtz, Umlauf, Czerny, v. Winter, Rossini, Paer, Crescentini, Spontini, Zelter und Andern hat er mancherlei Interessantes niedergeschrieben, dessen Veröffentlichung erst nach seinem Tode erfolgen soll. Wir möchten den hochgeehrten Meister wohl bitten, noch recht lange in Glück und Gesundheit zu leben, aber jene Mitteilungen noch bei seinen Lebzeiten erscheinen zu lassen. –

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07. 12. 2013 von Christian