Kreiser, 1. Studienreise

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auf Seiten 16-17:

Reissiger ging nun im Mai 1823 nach Berlin, wo er sich auf Anraten als Lehrer niederlassen wollte. bis sich einmal irgendeine bessere Gelegenheit finden würde. Zunächst hatte er das Glück, im Hause des sehr kunstsinnigen Fabrikanten Stobwasser, an den er wohl noch von Schicht empfohlen worden war, die freundlichste Aufnahme zu finden. Stobwasser war ein begeisterter Dilettant (das Wort noch im guten Sinne), ein tüchtiges Mitglied der Berliner Singakadernie. Die Tochter Marie wurdeReissigers Klavierschülerin. Außer dieser Bekanntschaft mit der Tochter, aus welcher, wie wir noch sehen werden, später zartere Bande entstanden, machte Reissiger in diesem Hause noch andere für sein Leben sehr nützliche Bekanntschaften.
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Zu seinem aufrichtigen Freunde wurde ihm neben Stobwasser der Geh. Oberregierungsrat Chr. Gottfried Körner, der Vater Theodor Körners, welcher 1817 in das neugebildete erste preußische Kultusministerium unter Altenstein eingetreten war und daher von Dresden nach Berlin übergesiedelt war. —– Reissiger konnte sich freuen, einen solchen Protektor gefunden zu haben, nachdem ihm schon Schicht so wertvolle Dienste geleistet hatte. Der als erster Kultusminister von Preußen bekannte Freiherr von Altenstein (l817 – 37) sowie der musikalisch sowohl praktisch als wissenschaftlich tätige General Witzleben, ein Freund und. Verehrer Spontinis, wurden neben Körner ebenfalls wohlwollende Freunde Reissigers. Auch das Berliner Publikum gewann sich Reissiger durch seine Kompositionen, die jetzt immer zahlreicher wurden (Liedersammlungen und Klaviersachen), aber ebenso auch durch öffentliches Auftreten.
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Die obengenannten hohen Protektoren hatten schon längst den Plan gehabt, das Talent Reissigers dem preußischen Staate irgendwie nutzbar zu machen. Die Regierung beschäftigte sich gerade jetzt ernstlich mit dem Gedanken einer staatlichen Fürsorge für das Musikbildungswesen, was auch wir heute noch hoch anerkennen müssen. —– Zu einer Studienreise auf Staatskosten hatte man nun sein Augenmerk auf Reissiger gerichtet, welcher schon selbst immer danach getrachtet hatte, zur Erweiterung seines Horizontes, gewissermaßen als letzte Krönung seines, wie wir wissen, guten Bildungsganges einmal eine größere Auslandsreise zu unternehmen. Die Herren von Altenstein, Witzleben, Körner regten ihn daher an, eine Eingabe an den König wegen der Bewilligung des Geldes zu machen. Dieses Gesuch wollten sie dann befürworten mit dem Hinweis, daß Reissiger gleichzeitig für den preußischen Staat genaue Einsicht in das Musikbildungswesen des Auslandes nehmen könnte. Reissiger machte die Eingabe an den König in diesem Sinne.

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13. 2. 2014 von Christian