Kreiser, Zeitgenossen

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auf Seiten 109-110 :

Der persönliche Verkehr mit Rob. Schumann war immer herzlich, und wenn Reissiger mit ihm als dem Redakteur der N. Z. f. M. etwas zu besprechen hatte. so geschieht es unbedingt sachlich, ohne die persönliche Freundschaft dabei zu berühren. Auf den Postadressen bezeichnet ihn Reissiger als „berühmter Komponist“. Sein bestes Quartett hat Reissiger Rob. Schumann gewidmet. „Ich hatte mir längst vorgenommen, durch ein tüchtiges, würdiges Werk Schumann meine Achtung zu beweisen,“ lesen wir in einem Briefe Reissigers vom 23. November 1843, dessen Original im Schumann-Museum zu Zwickau liegt. Gemeint ist das Quartett op. 173. Ein anderer Brief Reissigers, den er nach der Aufführung des Oratoriums: Das Paradies und die Peri an Schumann schrieb, lautet: „Sie sprechen mir Dank aus, lieber, werter Freund, während ich Ihnen recht großen Dank schuldig bin. Ihre,treffliche, geistreiche Komposition wird mir noch lange im Inneren widerhallen und in der Erinnerung den schönsten Genuß bereiten. Den Wunsch. daß wir das Werk noch einmal würdiger und mit imposanteren Mitteln aufführen, gebe ich nicht auf. Der königlichen Familie hat es sehr gefallen, der Umgebung und der Haute voileé weniger (dies sind die Donizettijünger), bem wahrhaften musikalischen Publikum: außerordentlich und uns Künstlern ganz außerordentlich. So muß es auch sein und ich wünsche ihnen dazu Glück.“
Die größte Verehrung bezeigte Reissiger immer Spohr gegenüber. „Ich ergreife solche Gelegenheiten mit größtem Vergnügen, da sie auch mich veranlassen, Ihnen einmal wieder schriftlich sagen zu können, wie meine Verehrung für Sie keine Grenzen kenne und wie glücklich ich sein würde, Ihnen einmal dankbar die Hand drücken zu können für die Wonnestunden, die Sie uns durch lhre Meisterwerke bereiten.“ (Dies schrieb Reissiger gelegentlich einer Empfehlung eines Künstlers an Spohr.) Es entstand wirklich später ein persönliches Freundschaftsverhältnis.
Über das Verhältnis Reissigers zu den Neudeutschen haben wir schon früher gehandelt.

Zuletzt sei noch ein Urteil über Reissiger wiedergegehen, und zwar das Urteil, welches Carl Loewe von seinem Besuche „in der prächtigen Capitale“ Sachsens an seine Frau schreibt: „Reissiger ist ein sehr talentvoller äußerst fähiger und begabter Mann, der hier viel Autorität hat und gebührende Anerkennung findet, dabei ein herrlicher, lieber Man,. im Umgange von vollkommener Bildung. Er spielte mir eine neue Sinfonie vor. Die ersten drei Sätze sind ihm exzellent geraten. Tüchtig und gesund ist die Konzeption, kenntnisreich und gewandt die Instrumentierung. Das Finale könnte ihm aber leicht einen fatalen Streich spielen, ich möchte es nicht gemacht haben. Es fällt aus dem Charakter und ist zu leicht.“
Der letzte Satz ist bezeichnend für das unterschiedliche Schaffen eines Komponisten. Sind die geringeren Werke nur im Verhältnis zu den eigenen besseren Kompositionen weniger gut gelungen, überragen sie also an Wert immer noch das Schaffen anderer Komponisten, so schadet es dem Schöpfer in der Geschichte nicht. (Vergl. die weniger berühmten Werke Mozarts, Beethovens.) Sind sie aber überhaupt von minderem Werte, so reißen sie dann auch die wirklich guten Sachen mit in die Vergessenheit; der Grund, weshalb so viele gelungene Werke nicht mehr bekannt sind.

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20. 2. 2014 von Christian